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SINDRAL - METALL DER MAGIE

Eine Einleitung zur Vorlesung »Sindraliotik« von Magister Profess Silgendarion, Haus der Magie, Abernalon zu Aberlon.

Sindral ist ein eigenartiges und mythenumranktes Material.

Außerordentlich selten, ist es metallischer Natur, ähnelt in vielem dem Silber, ist aber dunkler und je nach Verarbeitung bläulicher oder rötlicher in der Farbe. Entscheidend sind aber seine anti-magischen Eigenschaften: Es reagiert aggressiv auf die Anwesenheit magischer Energie; es wird von dieser angezogen und absorbiert sie. Da kleine, eingeatmete Sindral-Partikel zu akuten Erkrankungen der Atemwege führen, die anfangs Lungenentzündungen, später offener Tuberkulose ähneln, jedoch bei entsprechender Konzentration deutlich schneller verlaufen und über kurz oder lang fast immer fatal enden, ist die Hauptinsel Danameres mit ihren großen Sindralvorkommen – den einzigen bisher bekannten, deren Konzentration einen wirtschaftlichen Abbau erlaubt – ein gefährliches Pflaster für alle, die in irgendeiner Form mit magischer Energie umgehen, denn selbst die Restspuren vergangener Anwendungen und Beschwörungen ziehen den Sindralstaub unweigerlich an.

Dieser Sindralstaub entsteht vor allem bei der Reaktion von unraffiniertem Sindral mit Meerwasser. Diese Reaktion, bei der sich feinste Teilchen aus dem Rohsindral lösen, erzeugt einen mit kleinsten Sindralteilchen angereicherten Wasserdampf-Nebel; diese noch vergleichsweise groben Teilchen aber reagieren erneut mit Meerwasser und erzeugen so weiteren Nebel mit feineren Sindralstaubteilchen als Kondensationskernen.

Die Raffinierung von Sindral ist ein komplizierter Prozeß; nach der Schmelze des Roherzes erfolgen unterschiedliche Behandlungen, die Abkühlung und erneute Erhitzung, Walzen und Strecken, eine zweite Verhüttung in einem speziell beheizten Ofen und wiederum Abschreckung mit verschiedenen Destillaten, reinem Wasser und anderem mehr einschließen, dazwischen immer wieder rotglühend erhitzt. Diese Prozesse werden wir in der folgenden Vorlesung größtenteils nur kurz anreißen können; ich verweise die interessierten Hörer hierzu auf die Vertiefungsvorlesungen »Läuterungsmethoden« sowie »Sindrallegierungskunst« und »Fortgeschrittene Rindralschmiedetechnik«.

Drei Stoffe sind das Ergebnis dieser Raffinierung, die das Sindral nicht nur reinigt, sondern auch bindet und stabilisiert:

 Reinsindral, auch Rindral genannt; dies ist die reinste Form hochraffinierten und stabilisierten Sindrals.  Silbersindral, eine Legierung aus Silber und Sindral; beträgt der Silberanteil mehr als ein Drittel, so wird von Sindralsilber gesprochen. Wie wir noch zeigen werden, ist die genaue Höhe des Silberanteils entscheidend für die Eigenschaften des Materials.  Sindralon, eine Legierung aus Blei und Sindral.

Laßt mich nun kurz – in umgekehrter Reihenfolge – die Eigenschaften der genannten Stoffe umreißen:


Sindralon[]

Sindralon ist sehr wirksam beim Absorbieren von magischer Energie, aber sehr ineffizient als Speichermaterial, da es die Energie nur sehr zögerlich wieder abgibt. Es wird daher vor allem für Schilde zur Abwehr magischer Angriffe verwendet; jeder Schild kann in einem Jahr eine bestimmte maximale Menge Magischer Energie absorbieren, die mit dem Sindral-Anteil des verarbeiteten Sindralons korrespondiert. Da Sindralon das Sindral-Derivat ist, das am Markt die geringsten Preise erzielt, wird meist nur solches Ausgangsmaterial verwendet, dessen Qualität zur Produktion der anderen Derivate nicht ausreichend erscheint.


Sindralsilber[]

Sindralsilber, also eine Sindral-Silber-Legierung mit mehr als einem Drittel Silberanteil, hat gewissermaßen die gegenteilige Wirkung: es reflectiert mehr magische Energie als es zu absorbieren imstande ist. Allerdings ist diese Reflection bei den meisten Werkstücken schlecht fokussiert, mit anderen Worten: sie streut sehr stark. Auch Sindralsilber wird überwiegend für Zwecke der Abwehr von Magie verwendet, allerdings eher in Form von Amuletten und Schmuckstücken. Eine besondere Applikation sind Sindralsilberspiegel, die Dinge, welche mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar sind, sichtbar machen, aber zugleich auch magische Illusionen aufheben können; durch besondere Verfahren wird bei diesen Artefacten eine verbesserte Fokussierung erreicht.


Silbersindral[]

Silbersindral, das einen deutlichen höheren Anteil hochwertigen Sindrals aufweist, wird mit Vorliebe für Schmuckstücke verwendet, insbesondere für Ringe. In den Händen eines ausgebildeten Nutzers kann Silbersindral magische Energie kontrolliert aufnehmen und wieder abgeben. Das Sindral-Material darin ist fest gebunden und somit für einen in der Verwendung des Artefacts ausgebildeten Magier ungefährlich. Wird allerdings magische Energie direkt auf den Ort gerichtet, an dem sich das Silbersindral befindet, so saugt es die Quelle – je nach dem Anteil des enthaltenen Sindrals in ähnlicher Weise wie reines Sindral – aus, oft bis zur Erreichung der eigenen Kapazitätsgrenze, und kann somit für den diese magische Energie initiierenden Magier ähnlich gefährlich werden wie der Umgang mit Rohsindral.


Rindral[]

Rindral ist von allen aufgeführten Derivaten nicht nur am schwierigsten herzustellen, sondern auch in der Handhabung am komplexesten und forderndsten. Im Zuge der aufwändigen Verarbeitung wurde es zwar stabilisiert, so dass die Gefahr sich lösender und Lungenfieber auslösender Partikel vernachlässigbar ist, auch zeigt es bei Kontakt mit Meerwasser keinerlei feststellbare Reaktionen mehr; doch reagiert es aufgrund seiner hohen Konzentration noch intensiver als unreines Sindral auf in seiner Nähe freigesetzte magische Energie und versucht sie mit aller Macht zu absorbieren. Dieses Verhalten zu kontrollieren und absorbierte Energie wieder frei zu setzen, verlangt große Fähigkeiten, ein langjähriges Training und in den meisten Fällen auch spezielle Mittel und Werkzeuge. Andererseits ist das Potenzial von Rindral auch wesentlich größer als das der anderen Derivate; denn es schließt alle derer Fähigkeiten ein und weist zugleich je Volumeneinheit eine unvergleichlich höhere Aufnahmekapazität für magische Energie auf.

Oft wurden Versuche unternommen, das Sindral auch mit anderen Metallen zu verbinden, insbesondere mit Kupfer; doch waren diese Experimente bislang wenig erfolgreich. Im Falle des Kupfers scheint es, als ob sich die Wirkungen beider Metalle in Bezug auf magische Energie dazu tendieren, sich gegenseitig nahezu aufzuheben (wobei bei gleicher Menge das Sindral deutlich stärker zu sein scheint). Es kann aber auch sein, dass lediglich noch nicht das richtige Legierungsverfahren und Legierungsverhältnis gefunden worden ist.

Allgemein ist allen Formen des Sindrals, dass jedes Stück nur über eine begrenzte Kapazität zur Aufnahme magischer Energie verfügt. Das Verhalten beim Erreichen dieser Kapazitätsgrenze ist aber je nach Raffinierung und Legierung höchst unterschiedlich.

Unraffiniertes Rohsindral gibt aufgenommene magische Energie kontinuierlich (und nahezu unregulierbar) wieder ab, dies jedoch langsamer, als es sie aufgesaugt hat. Dabei nimmt es gerichtete magische Energie – also solche, die Teil eines Zaubers ist – schneller auf als »wilde« oder ungerichtete magische Energie, die Teil der natürlichen Umwelt ist und aus der Weise letztlich ihren eigenen Vorrat an nutzbarer magischer Energie gewinnen. Die Abgabe erfolgt ungerichtet und in kaum nutzbaren Dosen, außer zur Zeit des Wandels, den Ssakat. Während dieser Zeit stellt das Rohsindral aus noch unerforschten Gründen die Aufnahme magischer Umgebungsenergie fast vollständig ein; gleichzeitig kann sich die Abgabe der magischen Energie plötzlich ungemein beschleunigen und dabei als Nebeneffekt die korrosiven Reaktionen des Rohsindrals mit Meerwasser kompensieren. Daher sind die Ssakat jeden Jahres die einzige Zeit, in der sich der Nebel um Danameres Küsten gelegentlich für einige Tage lichtet. Zum Ende der Ssakat ist das frei vorkommende Rohsindral daher in der Regel wieder entleert, beginnt von neuem, magische Energie aufzusaugen, und auch die heftigen Reaktionen beim Kontakt mit Meerwasser setzen wieder ein.

Silbersindral und Sindralsilber weisen zwar unterschiedliches Aufnahmeverhalten und Aufnahmevolumen auf, verhalten sich aber ähnlich, wenn die Kapazitätsgrenze erreicht ist: Wird ihnen weiter Energie zugeführt, so reflectieren sie den größten Teil in ungerichteter Form als Natur- oder Umgebungsenergie wieder zurück. Dies klingt jedoch einfacher als es in der Praxis ist, dennn je höher der Sindral-Anteil, desto heißer werden sie dabei. Im Extremfall können die aus ihnen gefertigten Gegenstände dadurch zerstört werden: Löt- und Schweißnähte brechen, Gefäße platzen oder verformen sich unter der Wärmespannung, kleinere Artefacte mit sehr hohem Sindralanteil können sogar zu schmelzen beginnen (der Schmelzpunkt von Sindral liegt zwar oberhalb desselben von Blei, jedoch noch unterhalb des Silbers). Ein im Umgang mit den Artefacten geübter Weiser kann aber die reflectierte Energie fokussieren und den im Artefact gespeicherten Vorrat nutzen, um diese Reflexion zu steuern und zugleich zu stärken (wobei dem Artefact ebenso viel Energie entzogen wird wie reflectiert wird); in der Regel wird sich eine derartig fokussierte Reflection beinahe von selbst auf die größte Quelle der zugeführten Energie richten und – so keine bewußte Modification vorgenommen wird – jeden zugleich mit der zugeführten Energie gewirkten Spruch auf dessen Urheber zurückschleudern.

Auch Artefacte aus Sindralsilber neigen insbesondere während der Zeit des Wandels dazu, Teile der in ihnen gespeicherten Energie abzugeben, falls sie zu mehr als der Hälfte ihrer maximalen Aufnahmekapazität geladen sind; je niedriger der Silberanteil, desto geringer die Verlustquote pro Tag. Durch eine spezielle Behandlung mit Rindral kann der unkontrollierte Verlust solcher Stücke sogar auf nahezu Null begrenzt werden; dieser macht das Artefact aber zugleich für Ungeübte schwieriger zu handhaben.

Während länger gelagertes Silbersindral oder Sindralsilber allmählich seine Energie abgibt, kann dies bei Artefakten aus purem Rindral mit geeigneter Bearbeitung ganz vermieden werden. Der am häufigsten angewandte Weg, dies zu erreichen, ist es, das Rindral zu feinen Drähten zu ziehen und diese dann miteinander zopfartig so zu verflechten, dass das Ergebnis einem Tau en miniature ähnelt. Diese etwa bindfadendicken Drahtseile werden dann etwas erhitzt und in spezieller Weise so geschmiedet, dass sie sich zu einer Einheit verbinden; aus den so produzierten dickeren Drähten können dann in gleicher Weise die eigentlichen Artefacte geflochten und geschmiedet werden. Derart bearbeitetes Rindral ist sehr stabil; es nimmt nur noch in sehr geringem Maß unwillkürlich ungerichtete Energie auf, und gibt sie nur noch gezielt ab. Allerdings kann sie nur ein erfahrener Magiekundiger wirklich beherrschen; wer sie ohne die entsprechende Ausbildung und Übung zu verwenden versucht, läuft Gefahr nicht nur für Leib und Leben, sondern darüber hinaus.

Aus Rindral werden jedoch auch spezielle Amulette hergestellt, die Abwehrzauber unterstützen und feindselige Magie in sich aufsaugen; die optimale Wirkung erzielen sie, wenn sie schon beim Vorgang des Schmiedens auf die Person des Trägers eingestimmt wurden.

Wird Rindral mit Magie überladen, nimmt es zunächst eine dunkelrot glühende Farbe an, wird dabei jedoch noch nicht so heiß, dass es Wasser zum Kochen bringen könnte; wird jedoch ein gewisser Punkt überschritten, steigt die Temperatur plötzlich und in wenigen Augenblicken sehr schnell an, das Rindral gibt einen blauweißen Blitz ab und anschliessend ein bläuliches Nachglühen, dessen Einfluß Menschen und Tiere für lange Zeit unfruchtbar macht, Pflanzen aber schneller wachsen lässt. Wird nun aber weiterhin Energie zugeführt, gibt es einen weiteren, helleren Blitz, mit welchem das Rindral zu grobem Staub aus rohem – und für Magier, die es einatmen, tödlichem – Rohsindral zerfällt.

Bizarrerweise können ja nun die meisten mit diesen aufwändigen Herstellungsprozessen befassten Danameris mit den daraus erwachsendene Artefacten so gut wie gar nichts anfangen. Trotzdem sind die kunstvollen feinen Schmiedearbeiten in den Kreisen auch vieler wohlhabender Danameris als Schmuck begehrt, da solche Stücke dem Eingeweihten außerordentlichen Reichtum signalisieren.

Andererseits wäre ein Magiekundiger kaum in der Lage, Rindral zu Artefacten zu formen, ohne ein großes Risiko für Leib und Leben einzugehen; nur die letzte Phase des Prozesses kann durch Magiekundige – und in manchen Fällen nur durch solche – vorgenommen werden.

Diese sehr spezielle Situation ist aber der Grund, weshalb Ihr, verehrte Hörer, nun als Studenten vor mir sitzt. Denn Ihr werdet dereinst, so Ihr die vor Euch liegenden Studien bewältigt und die Prüfungen besteht, die Auserwählten sein, die das für viele unter Euch tödliche Gift Sindral in den Reichtum Danameres verwandelt – in der einen oder anderen Form.

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