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Eine Nacht im Leben eines Rattenkaisers[]

Ein Scharren an der Tür kündigte die nahende Dämmerung an und weckte Daehsquinn aus wohlverdientem Schlaf. Keineswegs ausgeschlafen gähnte er ausgiebig und verschaffte sich etwas Platz zwischen seinen dichtgedrängt liegenden Frauen. Zärtlich stupste er mit seiner Nase die seiner Hauptfrau und weckte sie, damit sie sich auf die heutige Sonnensturz-Zeremonie vorbereiten konnte. Willkürlich und weit weniger liebevoll stieß er noch zwei weitere Frauen vom Bett, die ihm Frühstück machen sollten.

Widerwillig wand er sich dann aus dem Bett und setzte sich vor den kostbaren Bronzespiegel, wo bereits zwei Sklaven auf ihn warteten. Sorgfältig bürsteten die beiden sein weißes Fell, putzten alle sein zwölf Zähne und ergänzten die verblaßten Fellfarben der Zeichen, die seinen Rang als Patriarch des Squinn-Stammes und Herrn aller Squärkin demonstrierten. Zu guter Letzt legten ihn die Sklaven mehrere Umhänge zur Begutachtung vor, aus denen er einen besonders schönen auswählte. Die Grundfarbe war ein grelles Grün, welches aus dem Schwimmklee gewonnen wurde, die wundervoll chaotische Musterung war im Violett der Kloakentulpe und dem gelb, welches man aus Flatterfliegen extrahiert.

Abends essen die Squinns im Gegensatz zu anderen Squärkin nur ein wenig leichte Kost. Das heutige Frühstück bestand lediglich aus einer großen Schale verdünnter Milch, einigen Broten mit Wurst und Käse, sowie etwas rohes Katzenfleisch mit verschiedenen Wurzeln. Seit nach der Eroberung der umliegenden Trockenländer Hunde verschiedenster Rassen den Speiseplan der Squärkin-Elite bereicherten, gibt es einen heftigen Disput zwischen den bekanntesten Essern Squärdalons, ob Hund oder Katze den edleren Geschmack hätten. Katzenfleisch ist je nach Zubereitungsart eine Kombination aus wild und würzig, während Hund mehr kräftig aber sanft auf die Geschmacksnerven wirkt.

Nach dem abendlichen Frühstück verbrachte Daehsquinn gerne eine Stunde mit seinen jüngeren Söhnen, tobte mit ihnen und lehrte sie. Dies ist ein höchst ungewöhnlicher Punkt in Daehsquinns Zeitplan, denn die meisten Patriarchen überließen ihren Nachwuchs meist völlig ihren Frauen, bis sie mit acht Jahren der Kindheit entwuchsen und in das Leben des Stammes integriert wurden. Doch heute mußte die Stunde ausfallen, denn die Squäline waren zu einer Strafarbeit verurteilt wurden, da sie mit Fellfarben über hundert Male "ARO VERRECKE" auf die Wände eines öffentlichen Tunnels gepinselt hatten.

Daher erledigte Daehsquinn einige wichtige Schreibarbeiten, bevor er sich zur wöchentlichen Audienz-Stunde in den Ratssaal begab. Die vorgetragenen Gesuche waren zu meist von minderer Bedeutung und konnten schnell beantwortet oder an niedere Ratsdiener verwiesen werden. In der anschließenden Sitzung des Rats der Macht amüsierte sich Daehsquinn köstlich über die lächerlichen Streitigkeiten squärkinscher Innenpolitik. Einzig interessant war der Streit zwischen Ium- und Zirf-Stamm um das Amt des Dominanten für die Alten Inseln. Die Patriarchen Srerress von den Ium und Uquez von den Zirf waren nahezu gleichzeitig auf den Inseln gelandet und hatten etwa gleich viel Land erobert. Lange standen die Abgesandten der beiden Stämme vor Daehsquinn und priesen die Taten ihres jeweiligen Patriarchen und schmähten den Gegner. Nachdem das Gefecht in Handgreiflichkeiten zu münden drohte, griff Daehsquinn als Erster unter Vielen ein und kündigte an, beide Stämme zu versklaven, sollte keine Einigung erreicht werden. Das Ergebnis war ein Abkommen innerhalb weniger Augenblicke, wonach die Plündereinnahmen geteilt werden und man sich bei der Herrschaft über die Domäne abwechselt.

Als Audienz und Ratssitzung vorbei waren, erhob sich Daehsquinn fast ein wenig enttäuscht von seinem Thron. Seit dem Tod dieses Sathals in Chaladorn, fragte er sich, ob einer seiner Untergebenen auf eigene Pfote gehandelt hatte und nun seine wohlverdiente Belohnung einfordern käme. Er verstand die Aufregung in Chaladorn nicht, war doch ein Attentat ein vernünftiger Weg eine persönliche Fehde zu beenden, ohne einen Krieg zu beginnen. Doch nun war wieder keiner gekommen, sich zu dem Mord zu bekennen, sollte es vielleicht doch kein Squärkin gewesen sein?

Nächster Punkt auf Daehsquinns heutigem Tagesplan, war ein kurzer Besuch bei verschiedenen Stämmen in Squärdalon. Als erstes ging Daehsquinn mit einer kleinen Wache, bestehend aus Kriegern vom Xerl-Stamm, zum Färber-Stamm. Dieser gewann Farben aus allerlei Pflanzen und Tieren und machte daraus die Fellfarben der Squärkin. Diese Farben sind für die Kultur der Squärkin sehr wichtig, nutzte man sie doch um Rang und Stamm eines Squärkin anzuzeigen, was sonst, da man von Ausnahmen abgesehen bekanntlich keine Kleidung trägt, kaum möglich ist.

Ebenso bedeutend und daher auch Grund für einen Besuch Daehsquinns ist der Gerber-Stamm, der aus den verschiedensten Häuten im Sumpf lebenden Tiere, insbesondere Schlangen, Leder herstellt, welches dann von anderen Stämmen beispielsweise zu Schreibhäuten oder Gürteltaschen weiterverarbeitet wird.

Anschließend waren die offiziellen Termine abgehakt und Daehsquinn zog sich zu einem Mitternachtsimbiß zurück. In der äußerst reichhaltigen Mahlzeit genoß der Herrscher Squärdrumens die erlesensten Speisen aus dem ganzen Dämonensumpf, den Domänen und handelswilligen Nachbarreichen. Denn wenn Squärkin auch nahezu jegliche Nahrung, sei es Pflanze oder Tier, verzehren können, haben sie doch empfindlich Nasen und bevorzugen je nach Geschmack ausgewählte Köstlichkeiten. Besonders selten landen Blumen auf dem Tisch eines Squärkin, denn egal ob Rosen, Tulpen oder andere, haben sie doch alle einen übertrieben starken Geruch, der die Squärkin einfach nur anwidert.

Nach dem Essen zog sich Daehsquinn zu Forschungszwecken in sein Laboratorium zurück, eine höchst langweilige Tätigkeit, die hier sicher niemandem interessiert. Oft verbringt er lange Zeit mit dieser Arbeit, bis weit in den Tag hinein, aber er bemüht sich auch immer vor der Tagruhe noch etwas Zeit für den Stamm zu erübrigen, bevor er seine Frauen um sich versammelt und Patriarchengemächer aufsucht.


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